12.05.2020
Die Temperaturen werden langsam zweistellig, die Sonne versucht, das auf die Straße gelaufene Tauwasser zu trocknen, die Natur lebt wieder auf, der Frühling verspricht neue Kräfte. Wenn da nicht die Frühjahrsmüdigkeit den ersten Aktivitäten und Ausfahrten im Wege stehen würde. Bei Fahrer und Fahrerin kämpfen zwei Hormone um die Balance: das „Schlafhormon“ Melatonin und das „Glückshormon“ Serotonin. Das dauert manchmal zwei Wochen, Zeit also, die Staubdecken vom Auto zu nehmen. Während des Winters ist das Äußere verbessert worden, aber es ist so wie bei manchen Menschen um die vierzig: Botox und ein Facelift glätten die Haut, doch die inneren Werte bleiben faltig.
Viperngrün ist also der Porsche Carrera 2.7 RS, mit Baujahr 1974 und 98.000 Kilometern auch so um die Vierzig. Neu eingetroffen im Showroom, ist noch wenig bekannt über Historie und Wartung.
Über einige Kilometer warmgefahren, Öldruck und -temperatur im richtigen Bereich ist die erste Herausforderung die Einfahrt auf die Autobahn. Die Lücke zwischen zwei LKW, für ein Auto mit 150 PS keine unlösbare Aufgabe – doch dazu später. Blinker, Beschleunigen und, wenn´s passt, den vorderen Lastwagen gleich passieren. Doch plötzlich ist der hintere LKW formatfüllend im Rückspiegel und im zweiten Gang, wie auch im Dritten, unterstützten Fehlzündungen die geringe Bereitschaft, dem Tritt aufs Gaspedal zu folgen. Nicht nur wegen der Schilderbrücken, sondern auch wegen der Botschaft „Fahr vorsichtig“ bei der Übernahme der mit einer halben Million € bewerteten Preziose bleibt es bei 100 km/h, eine Elastizität im dritten Gang ist nicht vorhanden und mehr als 3000 Umdrehungen auch nicht.
Kompressionsmessung und Leistungsprüfung geben erste Hinweise auf das beschriebene Fahrverhalten. Alle sechs Zündkerzen sind verrußt, Zeichen einer deutlichen Gemischüberfettung. Eine ist verölt, weil sie nicht fest eingeschraubt worden war. Immerhin ist die Kompression grob im Bereich der standardmäßigen „9“. Dafür liefert die erste Runde auf dem Prüfstand eine große und sicher auch wertmindernde Überraschung. Ein mehr als vier Jahrzehnte alter Carrera RS-Motor sollte noch 200 PS leisten können, dann sind 148 PS bei 5022 U/min eine Enttäuschung, die damit verbundenen 228,2 NM auch.
Zur Erinnerung: die 2687 ccm des Zweiventilboxers mit Saugrohreinspritzung lieferten bei 6300 U/min 210 PS und ein Drehmoment von 255 NM bei 5100 U/min, die dem 1075 kg schweren Auto eine Spitze von 240km/h und eine Beschleunigung von 6,3 sec auf 100 km/h bescherten. Gebaut wurden 200 Exemplare einer Basisversion und weitere 1280 einer 115 kg schwereren „Touring-Variante“.
Woran kann es liegen? Bei einer solchen Laufleistung, bei vielen Standphasen, der Carrera RS gilt ja eher als Sammlerstück als als historische Fahrmaschine, und bei unbekannter technischer Revisionshistorie, ist mit Ablagerungen im Motor und Verharzungen im Einspritzsystem zu rechnen, die für die Minderleistung verantwortlich sein könnten. Als Alternative zur kompletten Revision bietet sich eine Kraftstoffsystemreinigung an. Hierbei werden mit Ausnahme des Tanks und der Benzinleitungen alle mechanischen Komponenten, die mit Kraftstoff und dem Kraftstoffluftgemisch in Berührung kommen, von abgelagerten Kohlenstoffen, Verlackungen, Verharzungen oder Verklebungen auch dort gereinigt, wo man sonst nicht hinkommt. Die verwendeten Wirkstoffe lösen die Verunreinigungen und halten sie in der Schwebe, damit diese über die Einspritzventile der Verbrennung zugeführt und aus dem Kraftstoffsystem abtransportiert werden können. Hierbei werden ein genau dosiertes Kraftstoffreinigergemisch und ein ebenso genau dosierter Motorinnenreinger in den Motor verbracht und damit gespült. Dazu wird der eigene Benzintank bzw. die Benzinzufuhr zur Kugelfischereinspritzpumpe diskonnektiert und mit einem Fünf-Liter-Reservoir, das die Komponenten enthält, verbunden. Fahrzeugunabhängig erfolgt der Spülvorgang bei 2000 bis 2500 Umdrehungen über einen Zeitraum von 2 Stunden, was einem Erfahrungswert entspricht, denn es gibt weder eine visuelle noch eine chemische Kontrollmöglichkeit. Die genannten Ablagerungen an Kolben, Kolbenringen, Zylindern, Zylinderkopf und Ventile befinden sich schließlich in gelöster, molekularer Form im Motoröl, so dass auch verhindert wird, dass Rückstände der abgelösten Ablagerungen den Ölkreislauf verstopfen.
Der Motorspülung folgt der Wechsel von Öl und Filter. Die Trockensumpfschmierung des 2.7 Liter Aggregates umfasst 12.5 Liter. Der übliche Ölwechsel sollte laut Manual mindestens 10 Liter umfassen. Jetzt ist die komplette Entleerung notwendig. Zum neuen Motoröl wird eine entsprechende Menge eines Nanotec-Additives hinzugegeben, gefolgt von einer Leerlaufphase über 20 Minuten, wieder bei 2000-2500 U/Min mit dem Effekt, dass die Nanotec-Komponente einen effektiven Schutz vor Korrosion und eine Reduzierung des Reibewiderstand bietet.
Rund um die Werkstatt wird quasi eine genormte Teststrecke auf öffentlichen Straßen genutzt, rund 12 Kilometer lang, mit einen 5 km langen schnurgeraden Autobahnabschnitt und einer kurvenreichen Landstraße einschließlich einer Talquerung mit 12 % Steigung. Die Fehlzündungen sind in der Beschleunigungsphase komplett verschwunden und treten beim Gaswegnehmen nur noch vereinzelt auf. Die Elastizität im dritten Gang zwischen 80 und 150 km/h ist wiederhergestellt, der Motor dreht in den oberen drei Gängen problemlos in die Nähe der Begrenzung. Die Strecke wird einige Male durchfahren, bis auf dem Prüfstand die Stunde der Wahrheit schlägt. Die Zündkerzen, die ohne weitere Reinigung, verrußt wieder eingesetzt worden waren, um jegliche mechanische Verbesserung auszuschließen, zeigen danach ein deutliches und gleichmäßiges Aufhellungsbild in beiden Zylinderbänken und auch die Kompression hat sich pro Zylinder um einen halbes Bar verbessert. Der Leistungsgewinn ist signifikant, 170 PS zeigt die Leistungskurve jetzt bei einer Drehzahl von 6228 U/min an und das Drehmoment ging Aufgrund der geringeren Überfettung auf 215 NM bei 4256 U/min zurück.
Eine Fleißaufgabe wird es sein, die Prüfung und die diffizile Einstellung der Zündanlage, sowie die der mechanischen Einspritzpumpe herbeizuführen, um die fehlenden 40 PS zu erhalten.
Was hat diese Demonstration gezeigt: zum einen den Nachweis der Wirksamkeit der Spülung mit Blick auf Leistungszuwachs und Fahrverhalten. Bei beiden Komponenten liegt der Fokus auf maximale Wirksamkeit, Umweltverträglichkeit, vor allem aber auf der Unversehrtheit von Motor und Dichtungen, getestet an Fahrzeugen seit Baujahr 1925 mit Vergaser- oder Einspritzmotoren. Der Hersteller gibt eine Garantie für 1 Jahr oder 100.000km. Zum anderen besteht natürlich das Problem der fehlenden Motorleistung. Das ist aber eher, wie erwähnt, eine Frage weiterer Einstellungen oder möglicherweise auch der Provenienz des Autos geschuldet, denn in Ausstellungsräumen und Straßen sind über 4000 „RS“ unterwegs.
Dank an: C.F. Mirbach GmbH&Co KG für den Carrera, HW-Motorsport GmbH Valley, 83626 Valley für den Prüfstand (DimSport DF4FSHLS) und die geleistete Arbeit, Motor-Vital, 83626 Valley für die Motor Vital Komponenten
Peter Schroeder - 07:57 @ Motorsport, Reisen | Kommentar hinzufügen
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