Peter Schroeder
 

Blog


12.05.2020

Ein Brief: Corona & Ärzte

Liebe Freunde!

Habt Vertrauen in Eure/Ihre Ärzte!

Warum steht diese Botschaft gleich am Anfang? Meine Tochter mit einem MA in Medienwissenschaften und in einem großen deutschen Medienkonzern beschäftigt, hat mich darauf hingewiesen, dass die Botschaft in einem Aufsatz als Aufmacher an den Anfang gehört. Das deckt sich mit einem bedeutenden amerikanischen Chirurgen, der auf dem Chirurgenkongress in München zu Beginn des PowerPoint-Zeitalters darüber klagte, dass diese zu überfrachtet seien, aber auch darauf hinwies, dass ein Vortrag, um das Auditorium zur Aufmerksamkeit anzuspornen, immer mit einem Scherz beginnen sollte.

Habt also Vertrauen in Eure/Ihre Ärzte!

Als Pensionär hat man Augenblicklich ja recht viel Zeit, weil man sich nicht auf dem Rennrad, nicht im Erklimmen von Berggipfeln oder auf Trackdays beweisen kann.

Da Billy, das Regal, einen Schwächeanfall hatte, galt es, das mal aufzuräumen, die Bücher zu entstauben. Dabei fiel mir ein Band (6) meiner 8 bändigen Jean Jacques Rousseau Ausgabe von 1833 in die Hände, namentlich Emil, oder über Erziehung. Beim Blättern blieb ich im Siebenten Teil von Emil hängen. Hier lässt Rousseau sich darüber aus, warum man keine gescheite und/oder schöne Frau heiraten sollte. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Rousseau ein Protagonist der Französischen Revolution war, die ja dazu führte, dass so manche(r) Schöne(r) und Gelehrte(r) plötzlich kopflos darniederlag. Wem diese präfeminisischen Gedanken zu gräuslich sind, dem/der sei das Hohelied Salomos im Alten Testament empfohlen, wo Liebe, Schönheit und Gelehrsamkeit deutlich lieblicher beschrieben sind und das ca. 1500 Jahre vor Rousseau.

Zurück zu ihm. Rousseau bezieht sich dabei auf den römischen Dichter Martial (40 - 103 n.Ch), der Galbas Favoritin fragen lässt: Galba, warum der Altar uns niemals vereine, worauf Galba antwortet Ach! Du bist gelehrt.

Nun habe ich vor 51 Jahren, knapp an der Katastrophe vorbeischrammend, mein Abitur an einem humanistischen Gymnasium bestanden. Von Martial war die nicht die Rede, mehr von Kriegen, Feldzügen, lateinischer und griechischer Grammatik. Oder ich hatte nicht aufgepasst.

Von Martial stammen aber ebenfalls bemerkenswerte Sätze: Chirurgus fuerat, nunc est vispillo Diaulus und Coepit quo poterat clinicus esse modo. Der erste heißt sinngemäß: Ein Arzt könnte in seiner beruflichen Stellung scheitern und noch als Leichenträger Verwendung finden. Der zweite, immerhin geht es um den Clinicus, den Klinker, bedeutet, dass der Clinicus den Menschen als Bestatter ins Grab bringt oder aufgrund nicht ausreichender Fähigkeiten auch schon früher. Martial bestätigt seine Ansicht mit: quod vispillo facit, fecerat et medicus/Was der Bestatter tut, hat der Arzt gemacht. (Ich habe das in einer Kollegstufen-Facharbeit Latein gefunden, in der es um die Epigramme Martials geht, dabei auch um Aussehen, Mundgeruch, Neider und eben schlechte Ärzte. Es liegt eben alles nah beieinander)

Der Tanz in den Mai ist heute behördlich untersagt, damit auch die Möglichkeit, einer schönen, gar gescheiten Frau zu verfallen. Stattdessen ein Tipp: auf YouTube Billy Strayhorns Lush Life, am besten in der Version von John Coltrane hören, die Hand der/des Liebsten zu nehmen, einen Scotch o.ä. zu trinken und für einen Moment die Welt vergessen.

Aber:

Vertraut Euren Ärzten!

Beste Grüße

Ihr

(Prof.Dr.med.) Peter Schroeder 01.05.20

Peter Schroeder - 08:02 @ Gesellschaft, Gesundheit, Medizin | Kommentar hinzufügen

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