Peter Schroeder
 

Blog


12.12.2020

Beobachtungen am Gate A53

Liebe Freunde!

Anlässlich einer Reise bei unaufschiebbarem Termin finden wir uns am Gate A53 des Düsseldorfer Flughafens wieder. Zu Düsseldorf kann man stehen, wie man will. Es ist eine Stadt am Niederrhein, wo auch der Autor rund 25 Kilometer rheinab einst geboren wurde. Der Düsseldorfer, die Düsseldorferin hält sich, gemessen an der Zahl von Sportwagen aus Baden-Württembergischer Produktion, der Königsallee, Joseph Beuys wahrscheinlich für bedeutend, was sich am Flughafen nicht unbedingt bemerkbar macht, wenn der auch wegen einer vor 25 Jahren stattgehabten Brandkatastrophe zu einiger Berühmtheit gelangte und zu verschärften Brandschutzbestimmungen im Heimatland NRW führten, die dann sogar überwacht wurden.

Das Gate A 53 findet sich schließlich in den Katakomben des Airports und ist in jeder Hinsicht weit entfernt von Senator- oder ähnlichen Lounges. Es bietet reichlich Sitzplätze und ist zunächst leer. Bald aber sitzen in gehörigem Abstand zwei „Digital Natives“ schräg gegenüber, die kaum, dass der Hosenboden die Sitzfläche erreicht hatte, schon Laptops auf dem Schoss aufgeklappt und Smartphones in der Hand haben. Ich verwende diesen Begriff des „Digital Natives“, obwohl ich ihn am Gate A53 noch nicht kannte, denn ich las davon erst am Tag nach unserer Reise in der NZZ und noch einmal zwei Tage später in der SZ. Der Begriff scheint sich also schon im Sprachschatz aufzuhalten. In beiden Artikeln wird er nur verwendet, nicht erklärt, so dass ich mir selbst die Mühe machen muss und dabei lerne, dass unsere eigene Altersklasse zu den „Digital Immigrants“ gehört.

Als solcher bin ich gerne gereist, im Flugzeug zum Beispiel zu Kongressen zu einer Zeit, als es Laptops noch nicht gab, oder wenn doch, diese eher einem Schlepptop glichen. Jedenfalls war der zu haltende Vortrag in Form von Blau-Diapositiven in meinem Ghurka Examiner No.5 Bag, der mich seit Jahrzehnten begleitet, der Rest im Kopf. Das Gepäck im übrigen da, wo es hingehört: im Laderaum. Im Ghurka Examiner No.5 Bag war zumeist noch Platz für ein Paperback, das entspannte Lektüre während der Reise bot, vor allem eine gewisse Stille am Gate wie im Düsenjet.

Von unseren Digital Natives, beide, wie erwähnt, mit Laptops auf dem Schoss, dringen Gesprächsfetzen trotz Mundschutz und Entfernung herüber. „Schatz, Du hast jetzt Wochenendurlaub“ ist der gönnerhafte Vorschlag des Digital Native mit dem digitalen Unicode-Zeichen U+2642 ♂, was den Schatz mit dem Unicode Zeichen U+2640 ♀nicht veranlasst, sofort die Nutzung des Keyboardes einzustellen. (Nur zur Erklärung: U+2642 ♂ist mit dem Planeten Mars verlinkt und demzufolge U+2640 ♀ mit dem Planten Venus).

Dann wird es verdächtig, weil nur noch von Bullits die Rede ist Unser Digital Native (U+2642 ♂) schlägt am Smartphone seinem Geschäftspartner vor, die Bullits nach oben zu verschieben. Beide sehen nicht unbedingt nach Waffenschiebern von Bullits, resp. Bullets aus, scheinen andererseits aber zu jung, um Steve McQueens Auftritt in Bullit samt Verfolgungsjagd Ford Mustang vs. Dodge Charger zu kennen. Für einen 360 km/h schnellen Brabus Bullit zum Preis von 420.070 € incl. Mehrwertsteuer sind sie ebenfalls zu jung, es sei denn, sie wären Erben und demzufolge im politisch radikalen Visier oder hätten nicht genug Waffen verschoben, denn der Gedanke kommt zwangsläufig, als Digital Native (U+2642 ♂) auf den Bildschirm einen Kensington MagPro 35,6 cm Blickschutz aufsetzt. Denn dieser beschränkt die seitliche Einsicht auf ±30°, als ob Schatz= U+2640 ♀ seine clandestinen Geschäfte nicht beobachten darf - sie ist ja auch schon im Wochenende. Andererseits, das sei dem vermeintlichen Waffenhändler zugute gehalten, verringert die Folie schädliches Blaulicht um bis zu 22 %, mindert die Augenbelastung und fördert natürlichen Schlaf. Wobei wir natürlich nicht wissen, ob die kalte Beleuchtung des Gates A 53 schädliches Blaulicht enthält oder eine lebhafte Beziehung zwischen U+2642 ♂und U+2640 ♀ Konditionschwächen hervorruft und erholsamen Schlaf erfordert.

Also, Bullits werden verschoben, zur besseren Kennung farblich markiert, aus A 1 wurde B3, aus B2 A1 und der Wunsch nach einem Propfen Ohropax drängt in den Vordergrund, findet schließlich Erlösung dadurch, dass das Flugzeug nun zum Einsteigen bereit sei. Dieser durchaus analoge Vorgang erfährt seine Fortsetzung in der Frage - die Plätze 18 D und F sind solche am Notausgang - ob der Reisende mental in der Lage und willig sei, gegebenfalls bei der Öffnung des Notausganges behilflich zu sein. Falls ein Bullit oder eine andere Kalamität zur Notlandung zwingen würde.

Schließlich ist das Ziel - Franz-Josef-Strauss -  erreicht.  Kabinencrew und Pilot wünschen trotz nebligen Wetters ein schönes Erstes Advents-Wochenende. Doch bevor dieses erreicht wird, holt uns die weiterhin analoge Wirklichkeit in Gestalt zweier martialisch wirkender Bundespolizisten ein: ein Flugzeug aus Gran Canaria ist gelandet und während Pauschaltouristen auf ihr Gepäck warten, sind zwei Native African Immigrants zügig gen Ausgang gestrebt und den beiden Polizisten in die Arme gelaufen. Obwohl nun genügend Tische zur Verfügung stehen, sind beide, auf ihre Knie gezwungen, damit beschäftigt, ihre Daseinsberechtigung für den Aufenthalt auf bayerischem Boden aus dem Rucksack zu kramen. Wir Digital Immigrants & Natives passieren diese Szene schnell.

All das beobachten wir am Vorabend des Ersten Adventswochenendes, wissend, dass das Wort Advent aus dem Lateinischen (Adventus) kommt und übersetzt „Ankunft“ heißt. Im Konfirmandenunterricht habe ich mal gelernt, dass Advent auch mit Nächstenliebe verbunden ist.

Jetzt halbwegs auf dem Weg zum zweiten Advent, ist bereits der erste Schnee geschippt.

Beste Grüße

Euer/Ihr

Peter (Schroeder)

Peter Schroeder - 08:06 @ Allgemein, Gesellschaft, Reisen | Kommentar hinzufügen

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